Klang gewordene Handschrift – Teil 1: Das Herzstück

 

Klang gewordene Handschrift 

– Teil 1: Das Herzstück

Seit Jahren widme ich mich dem Bau und der Veredelung von Mikrofonen – aus Leidenschaft für Klang und aus Respekt vor den Details, die oft überhört werden. In den kommenden Wochen und Monaten stelle ich meine Mikrofonsammlung vor: Mikrofone mit Charakter, mit Geschichte – und mit Seele.

Jedes einzelne wurde handgefertigt, modifiziert oder aufwendig abgestimmt. Und jedes trägt eine eigene Handschrift.

Den Anfang macht das Herzstück der Sammlung:
eine Interpretation des Manley Reference Gold – ein Mikrofon, das nicht nur optisch aus der Reihe tanzt.





Ein Mikrofon, das zuhört – und sich erinnert

Was dieses Mikrofon besonders macht, ist nicht nur sein Klang, sondern seine Flexibilität.
Es handelt sich um ein stereo­fähiges System, das es ermöglicht, die Richtcharakteristik auch nach der Aufnahme zu definieren – eine Technik, die unter anderem von Mikrofonen wie dem Austrian Audio OC818 oder dem Universal Audio DLX-System bekannt ist.

Das Prinzip ist einfach – und genial:
Ein Wandler mit Doppelmembran nimmt beide Seiten (Front und Rear) gleichzeitig auf, sodass sich im Nachhinein aus ihrer Kombination verschiedene Richtcharakteristiken erzeugen lassen – von Kugel über Niere bis Acht. Dadurch kann nicht nur der Raumklang nachträglich geformt werden, sondern auch die Platzierung einer Stimme oder eines Instruments im Stereofeld.

Das Mikrofon wird so zur klanglichen Kamera mit wechselbarem Objektiv – ein Werkzeug für kreative Entscheidungen, auch nach der Aufnahme.



Der Wandler: Die Thiersch STW7 Red Line

Als Wandler arbeitet die Thiersch STW7 Red Line – eine Kapsel, die auf dem legendären M7-Design basiert und in Deutschland gefertigt wird. Sie ist mit einer Mylar-Membran ausgestattet, die für ihre Langlebigkeit und konsistente Performance bekannt ist.

Die STW7 Red Line bietet einen warmen, detailreichen Klang mit ausgewogener Mittenpräsenz und seidigen Höhen. Ihr Design ermöglicht eine präzise Klangaufnahme, die sich sowohl für Gesang als auch für akustische Instrumente hervorragend eignet.


Die Schaltung: OPA Alice - Dual Channel

Den klanglichen Rahmen bildet eine speziell entwickelte Schaltung: das Dual-Channel-OPA-Board.
Anders als klassische Kondensatormikrofone ermöglicht diese Lösung die separate Verstärkung beider Membranseiten – die Grundlage für das variable Richtcharakteristik-Konzept.

Das Design setzt auf den OPA1642 – einen hochauflösenden, rauscharmen Operationsverstärker.
Die Stromversorgung erfolgt vollständig über Phantomspeisung, was das System elegant und unkompliziert in bestehende Setups integriert.

Diese Schaltung ist kein Kompromiss, sondern ein kreatives Versprechen:
Gestaltungsfreiheit dort, wo sie am meisten zählt – im Klang selbst.


Ein Unikat in Farbe und Form

Klang beginnt nicht erst im Inneren – auch das Äußere trägt.
Der Korpus dieses Mikrofons war ursprünglich schlicht: roh, funktional, industriell – eine Leinwand.

Ich habe ihn gravieren lassen – wie ein Instrument, das seinen Namen trägt.
Danach begann der eigentliche künstlerische Prozess: Grundierung, Farbe, Klarlack – Schicht für Schicht, von Hand aufgetragen. Keine Kopie, kein Serienmodell.


Die Mikrofonspinne: Schicke Stabilität



Ein Mikrofon ist nur so gut wie seine Verbindung – und genau hier kommt die Mikrofonspinne ins Spiel. Sie ist das unsichtbare Bindeglied zwischen Klangquelle und Technik, zwischen Bewegung und Ruhe.

Ich habe die gleiche Spinne gewählt, die auch beim Manley Reference Cardioid-Mikrofon verwendet wird. Diese spezielle Halterung wurde entwickelt, um das Mikrofon sicher und vibrationsfrei zu halten – wodurch unerwünschte Nebengeräusche minimiert werden. Die Konstruktion ermöglicht eine einfache Justierung und gewährleistet gleichzeitig eine stabile Positionierung des Mikrofons.

Die Kombination aus durchdachtem Design und hochwertigen Materialien macht diese Spinne zu einem unverzichtbaren Bestandteil. Sie sorgt dafür, dass der Klang in seiner reinsten Form eingefangen wird – ohne Störungen.


Das Y-Kabel: Handwerk trifft Funktion

Das ebenso handgefertigte Stereo-Kabel vereint Ästhetik und Technik.

Die farbenfrohe Stoffummantelung verleiht dem Kabel nicht nur eine individuelle Optik, sondern schützt es auch vor äußeren Einflüssen. Im Inneren sorgen vier Adern pro Kanal für eine symmetrische Signalübertragung, die Störungen minimiert und eine klare Klangqualität gewährleistet. Die Überkreuzlötung trägt zusätzlich zur Reduzierung von Rauschen bei und verbessert die Signalstabilität.

Am Ende des Kabels befindet sich ein hochwertiger, 5-poliger Neutrik-XLR-Stecker, der eine zuverlässige und langlebige Verbindung sicherstellt. Diese Konfiguration ermöglicht es, beide Signale der Doppelmembrankapsel separat zu übertragen – und bietet somit maximale Flexibilität bei der Nachbearbeitung.


Der Koffer: Charakter mit Geschichte



Das Mikrofon reist nicht in einem neuen Case, sondern in einem aufwendig restaurierten Klassiker.
Ein alter Koffer – überarbeitet mit Liebe zum Detail:
außen im blauen Leder-Look, innen ausgekleidet mit cremefarbenem Samt.


Analog trifft Digital: Die volle Kontrolle


Moderne digitale Tools erweitern die Möglichkeiten erheblich. Sie ermöglichen es, den Klang nicht nur einzufangen, sondern ihn aktiv zu gestalten – eine perfekte Symbiose aus analoger Wärme und digitaler Präzision.

Mit dem PolarDesigner-Plugin von Austrian Audio kann die Richtcharakteristik nach der Aufnahme in bis zu fünf Frequenzbändern präzise angepasst werden. Ob Kugel, Niere, Acht oder jede Nuance dazwischen – der Klang wird nicht nur durch Positionierung, sondern auch durch gezielte Nachbearbeitung geformt. Das ermöglicht kreative Kontrolle.

Programme wie StereoCreator ergänzen diese Möglichkeiten, indem sie verschiedene Stereoaufnahmetechniken wie X/Y, M/S oder Blumlein in der Postproduktion umsetzbar machen. Mit nur einem Mikrofon im Dual-Output-Modus oder zwei gestapelten Mikrofonen lassen sich Stereobreite, Orientierung und Räumlichkeit flexibel anpassen – selbst lange nach der Aufnahme.



Dies war der erste Blick auf das Gold Reference.

Zukünftig werden weitere Mikrofone vorgestellt – jedes handgefertigt, jedes mit eigenem Klang und eigener Seele.

Ich freue mich, wenn du weiter mitliest.
Und vielleicht – irgendwann – auch mithörst. 😉



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